Die Postalia besuchte am 26.09.2009 den Melaten-Friedhof in Köln

„Wejen Melate un Kölsch op Tour“

Am Samstag, den 26. September, fanden sich 17 Postilianer am S-Bahnhof Langenfeld ein, um mittels organisierter Führung über den Kölner Melaten-Friedhof neue Einblicke in das heimische Brauchtum zu sammeln. In den 85 (!) Stadtteilen Kölns gibt es immerhin 55 Friedhöfe, von denen Melaten zu den großen Fünf gehört. Gehört hatte man ja schon viel. Aber angeschaut hatte ihn sich bislang kaum einer. Das wollten wir nun ändern.

Heinrich Esser, unser gut gelaunter, ortskundiger Stadtführer brachte uns zur Mittagszeit zu schattigen Plätzchen und sehenswerten Grabmälern. Die karnevalistische Führung „op kölsch“ begann mit den Ursprüngen des heutigen Friedhofs, der bereits im Mittelalter als Lepra-Auffangstation und Hinrichtungsplatz gedient hatte. Später “zu napoleonischer Zeit“ wurden alle Friedhöfe des französischen Hoheitsgebietes in die Außenbezirke der Städte verlagert. So auch hier in Köln. Seuchengefahr ade! Aber den Bürgern war's zu weit, sodass sich der Friedhof erst über die Jahre wirklich etablieren konnte.

Viele gute Bekannte haben in dieser parkähnlichen Anlage Ihre letzte Ruhestätte gefunden: Die beiden Willy's (Millowitsch und Ostermann), Toni Steingass, Größen wie Heinz G. Konsalik, Hans Böckler und der Erfinder des Otto-Motors, Nikolaus August Otto. Bekannte Politiker liegen hier neben Künstlern, Adelige neben einfachem Volk, Christen neben Moslems. In Köln “und auf Melaten“ sind alle gleich.

Nach vielen Informationen über die Verstorbenen, die verschiedenen Grabanlagen und die sich über die Jahrhunderte wandelnden Beerdigungspraktiken kehrte unsere hungrige und durstige Delegation noch in der Altstadt ein: ins Brauhaus Malzmühle. So fand ein wundervoller Tag einen geselligen Abschluss.

Nun ja - zumindest fast! Schließlich hieß es am Abend ja noch „ab in die Mitte“ um sich bei der Neueröffnung des Marktes wiederzusehen. Und was hier noch so alles geschah, steht auf einem anderen Blatt ...

Euer Ausflugsteam
Gabi und Michael Henseler

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 schrieb am 25.02.2005

Anekdoten aus dem Jenseits
Auf dem Melaten-Friedhof in Köln ruhen Millowitsch, Konsalik, Reiche, Revolutionäre und Dadaisten. Detlef Rick, der Friedhofsführer, kennt sie alle mit ihren kleinen und großen Geschichten.

VON ISABEL KLAAS
KÖLN Was drauf steht, ist nicht immer drin. Wer kann glauben, dass das sogar für manche Gräber auf einem öffentlichen Friedhof gilt? Dort, wo angeblich Petronella Schmitz „auf Melaten" an exponierter Stelle unter ihrem Kanonenofen begraben liegt, der ihr laut Grabinschrift zu Lebzeiten ordentlich einheizte, ruht in Wirklichkeit ein unbekannter Kölner Bürger. Und der Kanonenofen ist auch keiner, sondern ein neoklassizistischer Säulenofen. So weiß es Stadtführer Detlef Rick. „Da war ein Scherzkeks am Werke, der eine Patenschaft für den ungewöhnlichen Grabstein übernommen hat."

Auf Melaten ist fast alles erlaubt. Auch das mit Weihnachtskugeln, Schleifen, Muscheln und Schilf geschmückte kleine Grab einer ehemaligen Sannyasin. „Früher", sagt Rick, „hing hier noch ein eingeschweißtes Poster mit dem Foto der verstorbenen Bhagwan-Anhängerin." Der Diplom-Theologe kennt sich aus. Informative Rundgänge über Kölns ältesten Friedhof außerhalb der Stadtmauern sind sein Metier. Wer mit Detlef Rick über den altehrwürdigen letzten Ruheplatz vieler Kölner und Auswärtiger wandelt, „ist nicht zu seinem Vergnügen da, wenngleich es ab und zu was zu lachen gibt", warnt Rick vor. Man glaubt's. Beides. Denn der Stadtführer und Grabredner ist in seiner Freizeit für die Kinder-Stunksitzung in Köln zuständig,

Inszenierung auf dem Friedhof

Was er an seine Zuhörer während der „inszenierten Führung" weitergibt, ist Stadt- und Friedhofsgeschichte, sind kölsche Verzällcher und menschliche Dönekes über Persönlichkeiten. Und davon liegen eine Menge auf Melaten: angefangen bei Willy Millowitsch, seinem Freund, dem Bestsellerautoren Heinz Günther Konsalik, Paul Temple-Darsteller Rene Deltgen, Schauspieler Willy Birgel und dem Dadaisten J. Th. Baargeld. Zu den meisten weiß Rick Anekdoten zu berichten, die nicht ins Reich der Legenden gehören, versichert er. Legenden dagegen sind manche Inschriften. „Glauben Sie bloß nicht, was auf jedem Kölner Grabstein steht", warnt er. Bestes Beispiel ist das Mahnmal für „fern der Heimat unter Napoleon gefallene Krieger". „Die", sagt der Friedhofsführer verschmitzt, „gab es nie." Vielmehr sei der Obelisk mit dem Helm nichts anderes als ein Denkmal für Napoleon, den einzigen Franzosen, den die Kölner bewunderten. Auf Melaten begraben zu sein, ist für die Kölner Herzenssache, sagt Rick. Viele, die ihre Heimatstadt längst verlassen haben, zieht es zur letzten Ruhe in die alte Parkanlage zwischen Aachener und Innerer Kanalstraße zurück. Da gibt es Gruften und reservierte Mausoleen.

Der Platz für die eigene Büste wird von manchem Prominenten schon zu Lebzeiten festgelegt. Banker, Geschäftsleute, Verleger, hohe Staatsbeamte — sie bevorzugen nicht selten ein Plätzchen an der „Millionen-Allee" der Reichen. „die über den Tod hinaus repräsentieren und uns zeigen wollen, dass wir nur arme Schlucker sind", so Rick.

Mit Detlef Rick entdeckt man Skurriles, Tragisches, unternimmt einen gedanklichen Abstieg in die Gruften und blickt in die Zeit, in der an Melaten noch wirklich die Kranken, die Maladen, in einem Leprösen-Asyl lebten. Buchungen Tel. 02 21/73 76 73 oder www.koelnfuehrungen.de.


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