Jecke machten die Nacht zum Tage
Der fünfte Lichterzug des Rüsrother Carnevals Comitees
vereinte auf Reusraths Straßen Teilnehmer und Zuschauer aus nah und fern.
Um die 15 000 Menschen vergnügten sich bei dem ungewöhnlichen Zug in der
Dunkelheit, viele feierten danach im Zelt.
VON DORIAN AUDERSCH
REUSRATH Bunte Scheinwerfer strahlen in den Abendhimmel. Aus den
Lautsprechern auf diversen Balkonen tönt kölsches Liedgut und an den
Straßenrändern schunkeln sich tausende Jecken warm. Trotz Schneefalls und
eisiger Temperaturen lockt der fünfte Reusrather Lichterzug das närrische Volk
von nah und fern in den Langenfelder Süden. Die Heerstraße ist dabei eindeutig
die inoffizielle Partymeile des Stadtteils. Hier ist die Stimmung bereits am
frühen Abend prächtig.
Eifrige Zuschauer und Anwohner
Viel Eifer zeigen nicht nur die Zugteilnehmer, sondern auch viele Besucher und
Anwohner. Mit fantasievollen Kostümen verwandeln sie ganze Straßenzüge in ein
buntes Lichtermeer. Knicklichter, Weihnachtsleuchten und allerlei Glitzerkram
wurden dafür zweckentfremdet und in die Verkleidungen gebastelt. Auch in der
Wohnung von Annette Vogelfänger an der Heerstraße ist die Stimmung ausgelassen.
Mit Scheinwerfern, Lautsprechern und einer Nebelmaschine heizt die närrische
Truppe vom Balkon aus den bibbernden Jecken auf der Straße ein. Die nehmen es
dankend an und vertreiben sich die Wartezeit auf den Zug mit Tanz und Gesang.
Auch eine Flotte vom Rhein schipperte vorbei: die Hetdörper
Fründe.
RP-FOTOS (3): MATZERATH
Es dauert aber nicht lange, bis Ratsherr Rolf Kamp zum Mikrophon greift, um die frohe Botschaft über Lautsprecher zu verkünden: „Der Zoch kütt!", ruft er den feiernden Massen zu. Dann schiebt sich das bunte Lichtspektakel mit 24 Gruppen und fünf Wagen durch das so genannte Insektenviertel. Der „Mehlbrucher Musik Express" ist ganz vorne mit dabei. Hier bringen leuchtende Römer und kleine Roboter reichlich Kamelle unter das Volk. Jetzt blinkt und funkelt es nahezu überall. Es folgen die „Imbacher Karnevalsviren" mit dem passenden Motto „Wir sind alle Jeck — Impfen hat keinen Zweck" und die „Wupper-Wikinger", die mit Knicklichtern verschiedenster Art behangen über den schneebedeckten Asphalt tänzeln. Die „Himmlischen Schwestern" haben ihre spitzen Hexenhüte mit grellen Lichterketten umwickelt und auch der Prunkwagen des Veranstalters Rüsrother Carnevals Comitee (RCC) ist ein spektakulärer Anblick.
Mit den in Südafrika verbreiteten Tröten stimmten
SC-Germania-Sportler auf die Fußball-WM ein.
Besucher aus Ulm schwärmt
„Der Zug ist einfach klasse", meint Harald Luitz aus Ulm. Der 38-Jährige ist
derzeit zu Besuch im Rheinland, um den hiesigen Karneval kennen zu lernen. „Ich
war in den letzten Tagen bei vielen Zügen, aber hier in Reusrath ist das mal et
was ganz anderes. Das ist wirklich sehenswert."
„In diesem Jahr ist so viel los wie noch nie zuvor", freut sich Zugleiter
Andreas Buchheim. „Wir schätzen, dass in diesem Jahr deutlich mehr als 15 000
Menschen gekommen sind, um dabei zu sein." Vor fünf Jahren hatte eine Gruppe von
rund 20 Reusrather Bürgern beschlossen, das Freizeitangebot in ihrem
Ortsteil zu erweitern. Das war der Startschuss für die
ungewöhnliche Prozession in den Abendstunden. Aus diesem Grundgedanken ist 2007
das RCC hervor gegangen.
Inzwischen ist der Lichterzug zu einer Tradition geworden, die immer mehr Menschen aus der gesamten Region anlockt. „Ich muss auch ein Kompliment an die Anwohner aussprechen", meint der RCC-Vorsitzende. „Die meisten machen super mit und dekorieren ihre Häuser an der Strecke mit bunten Lichtern. Von diesem Engagement lebt der Zug."
Als Blondinen zogen die Jungschützen Mehlbruch-Gieslenberg vorbei.
INFO
Die Party
Im direkten Anschluss an den Lichterzug gab es die beliebte „After-Lichterzug-Party"
im Festzelt auf dem Reusrather Platz. Rund 1600 Jecken feierten hier bis tief in
die Nacht. „Die Stimmung in dem Zelt war einfach fantastisch",
schwärmte hinterher der RCC Vorsitzende Andreas Buchheim. „Es lief alles
friedlich und ohne Beschwerden ab." www.lichterzug.de